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Die Wahrheit über das Coworking – Teil 2

Gemeinschaft


Menschen sind soziale Wesen. Die Vorstellung, dass Menschen von Natur aus soziale Wesen sind, ist eine weitverbreitete und grundlegende Annahme in der Psychologie, Soziologie und Anthropologie. Sie basiert auf der Beobachtung, dass die menschliche Spezies im Vergleich zu anderen Tieren eine bemerkenswerte Fähigkeit zur sozialen Interaktion und Kooperation aufweist.

Die Bedeutung von Gemeinschaft

Teil einer Gemeinschaft zu sein, ist Teil des menschlichen Wesens. Aber warum ist das so? Stellt sich zuerst die Frage: Was ist überhaupt Gemeinschaft? Laut Wikipedia ist eine Gemeinschaft eine soziale Gruppe, die als ursprünglichste Form des Zusammenlebens gilt. Friedrich Engels formte den Begriff „Urgemeinschaft“ und meinte damit das Zusammenleben von Menschen in vorgeschichtlicher Zeit.

Wichtige Merkmale der Urgemeinschaft:

  • Gemeinschaftliche Ressourcennutzung: Die Menschen teilten sich in der Urgesellschaft die Ressourcen und stellten gemeinschaftlich ihre Güter her.
  • Egalitarismus: Es herrschte relative Gleichheit zwischen den Mitgliedern der Urgemeinschaft. Es gab keine ausgeprägten Klassenunterschiede oder eine Hierarchie.
  • Gemeinsame Arbeit: Die Menschen arbeiteten gemeinsam, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Es gab keine ausgeprägte Arbeitsteilung.
  • Fehlen von Geld und Märkten: Der Austausch von Gütern erfolgte auf informelle Art und Weise zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaft.

Es handelt sich also um die grundlegende Art des Zusammenlebens in der Menschheitsgeschichte. Die Vorstellung von Gemeinschaft als eine grundlegende Art des Zusammenlebens in der Menschheitsgeschichte ist gut begründet. Gemeinschaftliche Lebensweisen waren und sind für Menschen von entscheidender Bedeutung und reichen weit zurück in die menschliche Evolution.

Warum ist Gemeinschaft ein Wert?

Wenn wir in der Menschheitsgeschichte zurückblicken und uns anschauen, wie Menschen und Gemeinschaft schon immer funktioniert haben, wird im wissenschaftlichen Kontext festgestellt: Wer nicht Teil einer Gruppe war, sei es durch Ausstoßung oder freiwillig, hatte es schwer mit dem Überleben. Für den einzelnen Menschen ohne eine Gruppe, die ihn beschützt, gemeinschaftlich jagt, Kleidung anfertigt oder Essen zubereitet, war der Mensch zum Tode verurteilt – er war ohne Schutz den Gefahren der Wildnis ausgeliefert.

Doch was hat das mit uns heute zu tun?

Fast alles ist noch immer aktuell. In Deutschland sind wir in Bezug auf die grundlegenden physischen Bedürfnisse gut aufgestellt: Wir haben genug zu essen, keinen Krieg und ein Dach über dem Kopf. Dennoch betrifft das Bedürfnis nach Gemeinschaft oder der Mangel daran alle Ebenen menschlicher Bedürfnisse. Menschen mit Existenzängsten können ein Lied davon singen. Die Panik, aus einer Gruppe ausgestoßen zu werden, ist mindestens genauso existenziell wie in der Urzeit. Das liegt daran, dass unser Gehirn sich seit der Vorzeit nicht weiterentwickelt hat. Das Gehirnareal, das in Reaktion auf soziale Ausgrenzung oder das Gefühl des Ausgestoßenseins aktiviert wird, ist der anteriore cinguläre Cortex (ACC). Der ACC ist ein Teil des Gehirns, der sich im Bereich des Stirnlappens befindet. Er ist bekannt für seine Rolle bei der Verarbeitung von emotionalen und körperlichen Schmerzen sowie bei der Regulation von Konflikten und negativen Emotionen.

Alfred Adler und das Gemeinschaftsgefühl

Gemeinschaftsgefühl ist, »mit den Augen eines anderen zu sehen, mit den Ohren eines anderen zu hören, mit dem Herzen eines anderen zu fühlen.“

Alfred Adler, Psychotherapie und Erziehung, Band 1, (1928)

Einer, der die Bedeutung des Gemeinschaftsgefühls als Grundwert für den Menschen erkannt hat, war der österreichische Arzt und Psychiater Alfred Adler. Alfred Adler kann neben Viktor Frankl und Jacob Levy Moreno als einer der Vorläufer der humanistischen Psychologie betrachtet werden. Adler betonte die Bedeutung von Gemeinschaftsgefühl und sozialen Interessen in der menschlichen Psyche. Er glaubte, dass Menschen von Natur aus soziale Wesen sind und dass soziale Beziehungen und die Teilnahme an der Gesellschaft wesentlich für die psychische Gesundheit sind. Alfred Adler formulierte mehrere Annahmen über die Bedeutung des Gemeinschaftsgefühls für den Menschen.

Gemeinschaft als Lebensziel:

Adler argumentierte, dass das Gemeinschaftsgefühl ein grundlegendes Lebensziel für Menschen ist. Er glaubte, dass Individuen danach streben, in sozialen Beziehungen integriert zu sein und einen Platz in der Gemeinschaft zu finden.

Kompensation und Minderwertigkeitsgefühl:

Adler führte das Konzept des Minderwertigkeitsgefühls ein, das entsteht, wenn Menschen das Gefühl haben, in sozialen Vergleichen oder im Vergleich zu anderen Minderwertigkeitsgefühle zu haben. Das Streben nach Gemeinschaft und Anerkennung kann als eine Form der Kompensation für dieses Minderwertigkeitsgefühl dienen.

Soziale Interaktion und Individualpsychologie:

Adler betonte, dass die Individualpsychologie die Bedeutung sozialer Interaktionen und Beziehungen bei der Entwicklung der Persönlichkeit hervorhebt. Er glaubte, dass individuelle Verhaltensweisen und Persönlichkeitsmerkmale stark von sozialen Faktoren beeinflusst werden.

Gemeinschaft als Quelle der Stärke:

Adler betonte, dass Menschen in der Gemeinschaft Stärke und Unterstützung finden können. Das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft kann dazu beitragen, psychische Probleme zu überwinden und das Selbstwertgefühl zu stärken.

Gemeinschaft als soziales Interesse:

Adler entwickelte das Konzept der „sozialen Interessen“, das sich auf die Fähigkeit eines Individuums bezieht, die Bedürfnisse und Interessen anderer Menschen zu verstehen und sich in sozialen Beziehungen für das Wohl der Gemeinschaft einzusetzen.

Adler betonte also die Bedeutung des Gemeinschaftsgefühls und der sozialen Beziehungen in der menschlichen Entwicklung und psychischen Gesundheit. Er sah das Streben nach sozialer Integration und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Empathie als wesentliche Aspekte der menschlichen Natur an. Adler’s Theorien haben einen nachhaltigen Einfluss auf die Psychologie und die Betrachtung des Gemeinschaftsgefühls hinterlassen.

Und jetzt?

Was sagt die Wissenschaft heute zum Wert der Gemeinschaft?

„Der Mensch kann seine Potenziale nur in Gemeinschaft mit anderen entfalten. Dafür müssten sich diese aber als Subjekte begegnen. Und das ist nur in nicht-hierarchischen Strukturen möglich.“

Gerald Hüther, https://www.deutschlandfunkkultur.de/hirnforscher-gerald-huether-nur-gemeinsam-sind-wir-stark-100.html

Heutzutage ist die Wissenschaft sich einig, dass Gemeinschaft ein wichtiges Element psychischer und physischer Gesundheit darstellt. So hat es sich Gerald Hüther zur Aufgabe gemacht, aus wissenschaftlicher Sicht eine neue Form des Miteinanders zu leben und zu gestalten. Laut dem Hirnforscher Manfred Spitzer kann Einsamkeit sogar zum Tod führen und ist schlimmer als Rauchen.

„Denn wer einsam ist, erkrankt häufiger als andere an Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall, Depressionen und Demenz – zu diesem Ergebnis kommen zahlreiche wissenschaftliche Studien.“

Manfred Spitzer, https://www.droemer-knaur.de/buch/manfred-spitzer-einsamkeit-9783426301067

Die Bedeutung des Gemeinschaftsgefühls in Coworking-Spaces

Aber was bedeutet das Gemeinschaftsgefühl für die Gemeinschaft in einem Coworking-Space? Hier spielt es eine entscheidende Rolle:

  • Kollaboration und Netzwerken: In einem Coworking-Space arbeiten Menschen aus verschiedenen Branchen und Hintergründen zusammen. Ein starkes Gemeinschaftsgefühl fördert die Zusammenarbeit, den Informationsaustausch und das Netzwerken. Mitglieder können voneinander lernen, Ideen austauschen und potenzielle Geschäftspartner oder Kunden kennenlernen.
  • Unterstützung und Solidarität: Coworking-Gemeinschaften bieten oft eine unterstützende Umgebung, in der Mitglieder sich gegenseitig ermutigen und unterstützen können. Das Gemeinschaftsgefühl kann sich in der Bereitschaft zeigen, Wissen zu teilen, Hilfe anzubieten und gemeinsam Herausforderungen zu bewältigen.
  • Soziale Interaktion und soziale Bindungen: Coworking-Spaces fördern die soziale Interaktion, was zu starken sozialen Bindungen zwischen den Mitgliedern führen kann. Diese sozialen Bindungen können nicht nur berufliche Vorteile bieten, sondern auch das allgemeine Wohlbefinden und die Zufriedenheit am Arbeitsplatz steigern.
  • Kulturelle Vielfalt und Integration: Coworking-Spaces sind oft vielfältige Umgebungen, in denen Menschen unterschiedlicher Kulturen und Hintergründe aufeinandertreffen. Ein starkes Gemeinschaftsgefühl kann dazu beitragen, eine integrative und inklusive Kultur zu fördern, in der Vielfalt geschätzt wird.
  • Gemeinschaftsveranstaltungen und Aktivitäten: Viele Coworking-Spaces organisieren gemeinschaftliche Veranstaltungen, Workshops und Aktivitäten. Diese fördern das Gemeinschaftsgefühl, indem sie Mitglieder zusammenbringen und Gelegenheiten für den Austausch schaffen.
  • Motivation und Produktivität: Das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein, kann die Motivation und Produktivität steigern. Die Mitglieder fühlen sich verantwortlich gegenüber ihrer Gemeinschaft und sind motiviert, ihr Bestes zu geben.

Fazit: Gemeinschaft als Eckpfeiler des menschlichen Wohlbefindens

In diesem Artikel habe ich die fundamentale Bedeutung von Gemeinschaft für das menschliche Dasein beleuchtet. Schon in prähistorischer Zeit war Gemeinschaft essentiell für das Überleben und die Sicherheit des Einzelnen. Heute, in einer modernen Welt, die von physischer Fülle geprägt ist, bleibt die Sehnsucht nach Gemeinschaft und Zugehörigkeit ebenso relevant wie in der Urzeit. Die Neurowissenschaft bestätigt, dass soziale Isolation und Ausgrenzung immer noch schmerzhafte Folgen haben können.

Alfred Adler, ein Pionier der Psychologie, erkannte die Bedeutung des Gemeinschaftsgefühls und der sozialen Bindungen im menschlichen Leben. Seine Theorien betonten, wie stark soziale Interaktionen und das Streben nach Gemeinschaft die menschliche Psyche beeinflussen.

In Coworking-Spaces sehen wir diese Bedeutung des Gemeinschaftsgefühls in Aktion. Diese Arbeitsumgebungen fördern Zusammenarbeit, Unterstützung und soziale Interaktion, was nicht nur die Produktivität, sondern auch das allgemeine Wohlbefinden der Mitglieder steigert.

Die wissenschaftliche Gemeinschaft ist sich einig: Gemeinschaft ist ein Schlüssel zum Glück und zur Gesundheit. Gerald Hüther und andere Forscher haben dies eindrucksvoll unterstrichen. In einer Welt, die zunehmend von Technologie geprägt ist, erinnert uns die Bedeutung des Gemeinschaftsgefühls daran, dass wir letztendlich soziale Wesen sind, die nach Verbindung und Zusammenarbeit streben.

Es bleibt eine wichtige Aufgabe, dieses Gemeinschaftsgefühl zu kultivieren und in unseren modernen Lebensstilen zu integrieren, sei es in Coworking-Spaces oder in anderen sozialen Kontexten. Denn die Realität ist klar: Gemeinschaft ist nicht nur eine historische Notwendigkeit, sondern auch eine zeitlose Quelle des menschlichen Wohlbefindens.

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